Es gab immer wieder Politiker, die Demokratie so sahen, wie sie mancher heute gerne hätte. Walter Ulbricht zum Beispiel, mehr als 20 Jahre lang Chef des Zentralkomitees der SED und Vorsitzender des Staatsrats der DDR, der schon 1945 den schönen Satz prägte: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“ In linken und noch linkeren Kreisen nimmt man sich diese Einsicht gerne zum Vorbild, unter anderem in Thüringen, wo die durch nichts legitimierte und in Wahrheit seit Jahren abgewählte Landesregierung von Bodo Ramelow „gegen eine mit AfD-Stimmen beschlossene Senkung der Grunderwerbssteuer vor dem Verfassungsgerichtshof klagen“ will. Das nenne ich echte Demokratie: Ein Gesetz wird mit Mehrheit, wenn auch gegen den Willen der Landesregierung, im Parlament verabschiedet, und flugs findet sich ein windiger Grund, die auf demokratischem Weg zustande gekommene Entscheidung zu unterlaufen.
Wie dem auch sei, es kann lohnen, auch einmal die Stimmenverteilung in den Briefwahlbezirken anzusehen. Sechs hat es gegeben, und in jedem lag Kai Buchmann deutlich und überdeutlich vorn; er konnte je nach Wahlbezirk mindestens das 1,3-Fache und höchstens das 2,3-Fache der Stimmenzahl seines Gegners auf sich vereinigen. Das ist ein völllig anderes Stimmverhalten als bei den vor Ort anwesenden Wählern, wo 16 Stimmbezirke an Prophet gingen und 20 an Buchmann. Die Auswirkung auf das Gesamtergebnis der Briefwahl bleibt nicht aus: Von 6.470 Briefwählerstimmen gingen 2.314 an Prophet und 4.156 an Buchmann. Das ist nun schon ein wenig auffällig, prozentual gesehen haben wir hier 35,77% gegen 64,23%. Ich möchte daran erinnern, dass bei den vor Ort abgegebenen Stimmen das Verhältnis 49,79% zu 50,21% betrug. Hier scheint doch etwas anders gelaufen zu sein als in den Wahllokalen.
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