Albrecht Glaser zur Einführung in den Leitantrag „Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021″ auf dem Bundesparteitag in Dresden

Script von Albrecht Glaser zur Einführung in den Leitantrag „Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2021″ auf dem Bundesparteitag in Dresden am 10./11. April 2021

Liebe Delegierte der Alternative für Deutschland,
am vergangenen Samstag hat die Bundestagsfraktion eine Organklage beim BVerfG eingereicht gegen den sog. Eigenmittelbeschluss der EU, der in der Woche zuvor gegen die Stimmen der AfD und einiger Abweichler vom Bundestag beschlossen und dem ein Tag später vom Bundesrat zugestimmt wurde. Der Eigenmittelbeschluss legt als Rechtsakt der EU die Zahlungspflichten der Mitgliedsstaaten gegenüber der EU fest, um deren Hauhalt zu finanzieren. Neben einer Umlage für Deutschland von jährlich etwa 40 Mrd. Euro für den Zeitraum von 2021 bis 2027, stand im Eigenmittelbeschluss zum ersten Mal in der Geschichte der Staatengemeinschaft die Erlaubnis an die EU, eigene Schulden aufzunehmen.
Es geht um nominal 750 Mrd., real 824 Mrd., die ab sofort bis in zwei Jahren gegen Begebung von Schuldscheinen von der EU als Kredit aufgenommen werden sollen, um sie sofort als „Wiederaufbauprogramm“ für Europa an die EU-Staaten zu verteilen. Über 310 Mrd. sollen als verlorene Zuschüsse, 360 als zinsgünstige Darlehen und 77 Mrd. über EU-Programme verteilt werden. Verteilungsmaßstab ist vor allem Arbeitslosigkeit und das BIP pro Kopf der Bevölkerung aus der Zeit vor Corona. Die Corona-Krise wird als Vorwand zur Umwandlung der EU in eine Schulden- und Haftungsunion benutzt. Das riecht nach Staatsstreich! Getilgt werden soll der überwiegende Teil der Mittel ab 2028 nach dem Maßstab der Größe der Volkswirtschaften. Wirtschaftlich also die Umverteilung von Steuereinnahmen – etwa Deutschlands in Höhe von 67 Mrd. – zugunsten anderer Staaten – etwa Italiens in Höhe von 33 Mrd. Euro.
Damit die EU jederzeit ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen kann, wie es im Eigenmittelbeschluss heißt, wird die Zustimmung dazu verlangt, dass sie von jedem Mitgliedsstaat bis zu 2 % seines Bruttonettoenkommens als jährliche Umlage einfordern kann und dies bis ins Jahr 2058, in welchem die Schulden spätestens getilgt werden sollen. (Deshalb wird diese Konstruktion auch NGEU – next generation… – genannt.) Kommt unterwegs bis dahin ein Mitgliedsstaat „einem Abruf nicht oder nicht rechtzeitig nach oder teilt er der Kommission mit, dass er einem Abruf nicht nachkommen kann, so hat die Kommission das Recht, von anderen Staaten zusätzliche Mittel abzurufen, um den ausgefallenen Anteil abzudecken“. So nahezu wörtlich der Text des Eigenmittelbeschlusses, dem vor gut zwei Wochen der BT mit breiter Mehrheit zugestimmt hat.
Soweit die zukünftigen Mittelabrufe der Abfinanzierung der „Wiederaufbau“-Mittel dienen, geht es um das Recht der Kommission, bis zu 4 Billionen den Mitgledsstaaten abzuverlangen. Darin sei ein Sicherheitszuschlag für den Kapitalmarkt. In Wahrheit werden die Anleihen von der EZB, also der eigenen Notenbank aufgekauft werden. Und was die Ausfallhaftung Deutschlands für andere Staaten angeht, kann sie – im ungünstigsten Fall – bis zu etwa 800 Mrd. Euro betragen. Wir haben also den klassischen Fall einer nach Art. 125 AEUV verbotenen Fremdhaftung eines Staates für die Verbindlichkeiten eines anderen.
Der bedeutende Völker- und Europarechtler Herdegen an der Universität Bonn schreibt zu diesem Vorgang:
„Wir stehen vor der größten Weichenstellung in der Geschichte der Europäischen Union seit Einführung des Euro. Es ist gleichzeitig auch die teuerste Veränderung und es ist gleichzeitig auch der größte Bruch vertraglicher Verpflichtungen. Noch vor einem Jahr herrschte nicht nur in der Rechtswissenschaft, sondern auch in den meisten europäischen Hauptstädten die Ansicht vor, dass die europäischen Verträge die beanspruchte Kompetenz zur Schuldenfinanzierung der EU nicht hergeben. Auch der Grundsatz des ausgeglichenen Haushalts steht der Schuldenfinanzierung… entgegen. Externe Einnahmen aus Krediten gehören nicht zu den Eigenmitteln, aus denen sich die EU zu finanzieren hat.“
Herdegen ist langjähriges Mitglied der CDU und schreibt dies in der NZZ. Wahrscheinlich hatte er in den deutschen Qualitätsmedien keine Möglichkeit, über fundamentale politische Zusammenhänge zu publizieren. Bei den Staatsmedien steht er wahrscheinlich auf dem Index, weil sein Intelligenzquotient zu hoch ist für die dortigen Möglichkeiten.
Die Regierungskoalition in Berlin hat die folgende Unterwerfungserklärung –ebenfalls mit breiter Mehrheit – zusätzlich beschließen lassen:
„Dass sich die Bundesregierung für die Unterstützungsmaßnahmen eingesetzt hat, entspricht der Verwirklichung des Staatsziels der Europäischen Integration. Es ist Ausdruck eines wohlverstandenen deutschen Eigeninteresses.“
Damit sind wir bei der Demokratie, auch dieses Mal wieder das Leitthema der AfD im Wahlkampfprogramm. Wir demonstrieren am gegebenen Beispiel, wie es um Demokratie in der EU und damit auch in Deutschland bestellt ist. Die EU ist ein Kuckuck, der geschlüpft ist im Nest der Europäischen Staaten. Sie war und ist von ihrer Anlage her, also genetisch, niemals eine Demokratie. Sie kann deshalb auch nicht von Demokratien gezeugt worden sein. Das eigentliche Rechtssetzungsorgan der EU, das mit von den Mitgliedsstaaten geliehener Rechtssetzungskompetenz unablässig Rechtsakte hervorbringt, ist der Rat. Er besteht aus Mitgliedern der obersten Exekutivorgane der Mitgliedsstaaten, die wenn sie als Ratsmitglieder – gewissermaßen zwischendurch – tätig werden, mit ihren Rechtsakten jedwede nationale Rechtssetzung aushebeln. Denn EU-Recht steht in der Hierarchie über jedwedem Recht der Nationalstaaten auch deren Verfassungsrecht. So hat dies schon vor Jahrzehnten der EuGH entschieden. Für diesen Richterspruch gibt es bis heute keine Rechtsgrundlage in Europäischen Verträgen.
Ein Kollegium also von exekutiven Funktionsträgern, die zu Hause – zumindest theoretisch – dem Gesetzesvorbehalt eines Parlamentes unterliegen, sind im maßgeblichen EU-Organ selber Gesetzgeber. Wenn sie dort etwas beschließen, wofür sie in nationalen Parlamenten keine Mehrheit bekommen, dann haben sie ihre heimischen Parlamente ausgetrickst. Roman Herzog nannte das einmal „über Bande spielen“. Wenn also der deutsche Innenminister im Rat der EU mit seinen Kollegen beschließt: Die europäischen Grenzen sind ab morgen offen und Grenzpapiere braucht man auch nicht. Dann ist das so, selbst wenn im deutschen Aufenthaltsgesetz steht: Ohne Grenzpapiere darf man das Land nicht betreten. Den Fall hatten wir bereits.
Der deutsche Finanzminister war also in Brüssel und hat im Namen Deutschlands, wenngleich ohne Mandat des deutschen Gesetzgebers, dem Eigenmittelbeschluss im Rat zugestimmt und dies auf Weisung der Kanzlerin und sicher auch aus eigener Überzeugung. Zugegeben, in diesem Fall braucht es in Brüssel Einstimmigkeit im Rat und ebenfalls ausnahmsweise einen nachträglichen Zustimmungsbeschluss von Bundestag und Bundesrat. Offen bleibt die Frage, ob das EU-Recht einen solchen Beschluss zulässt und wenn nein, wozu sich Herr Herdegen und viele andere kluge Köpfe bereits geäußert haben, ob dies ein EU-Rechtsakt ist, der in die Restsubstanz der deutlichen Staatlichkeit so eingreift, dass es sich um einen „Ultra-vires-Akt“ handelt, also um einen nach der Rechtsprechung des BVerfG – beispielsweise beim schier unbegrenzten Staatsanleihenkauf der EZB – definierten Eingriff in die Substanz der Souveränität Deutschlands, die das Verfassungsgericht versucht, für uns alle zu verteidigen. Denn nicht einmal der Kern unserer Souveränität wird vom Bundestag oder den anderen Parteien in Deutschland noch geschützt.
Wir befinden uns also auf dünnem Eis in dieser Demokratie. Man kann nur ahnen, in welcher Weise das BVerfG unter politischen und psychologischen Druck gesetzt wird. Das ist ähnlich wie der Druck, der auf viele europäische Staaten ausgeübt wurde, damit sie dem Eigenmittelbeschluss im Rat zustimmen. Die Kommission hat die Macht der Geldzuteilung und davon viel. Ein Anruf der Kommissionsprädentin beim finnischen oder niederländischen Staatschef hat es in sich. Die beiden Damen – die Bundeskanzlerin und die Kommissionspräsidentin – hatten am Telefon vereinbart: „Wir bauen Europa wieder auf („ERP“ haben sie das genannt, wie der Fonds der USA nach dem zweiten Weltkrieg) und dafür brauchen wir so ungefähr eine Billion. Wir schaffen das!“ Und dann gingen die Kommandos durch Europa und gnade Gott, ein Parlament folgt seiner Regierung nicht!
Jetzt weiß jeder, warum wir „direkte Demokratie“ und „Volksabstimmungen nach Schweizer Modell“ brauchen, wie es zu Beginn der hier vorgelegten Wahlkampfplattform formuliert ist und wie es zur DNA der AfD gehört.
Ich darf hierzu berichten, dass die Bundestags-Fraktion vor wenigen Wochen einen Entwurf für eine Verfassungsreform in paraphierter Form zum Thema „Volksabstimmungen“ vorgelegt hat. Das Erschrecken der anderen war groß und ihre Zustimmung klein. Sie alle werden darüber in den Qualitätsmedien kaum etwas gelesen haben. Herr Präsident Haldenwang, Sie befinden sich bei uns also im Herzen der Demokratie. Sie könnten ihre Arbeitszeit an anderer Stelle viel besser einsetzen.
Wir haben bereits 2018 AfD-programmgemäß einen paraphierten Gesetzentwurf gegen das Unwesen der sog. parteinahen Stiftungen im Bundestag eingebracht. Auch darüber werden Sie in der üblichen Berichterstattung nichts gehört haben. Die Grünen haben vor Tagen von einer gesetzlichen Beordnung gesprochen. Im Innenausschuss haben sie gegen unseren Vorschlag gestimmt.
Wir haben im vergangenen Herbst einen paraphierten Wahlrechtsreformentwurf im Bundestag eingebracht und zur Abstimmung gestellt. Ohne Wahlkreisänderung hätte er ein seit vielen Jahren ungelöstes und für die anderen Parteien offensichtlich unlösbares Problem beseitigt, nämlich die demokratische Unwucht von Überhang- und Ausgleichsmandaten. Man hätte diesem Entwurf sofort zustimmen können. (Auch dazu werden sie medial nichts gehört haben.) Danach hätten wir für den kommenden September auf den Punkt genau 598 Bundestagsabgeordnete gehabt. Ein Beitrag für die Demokratie und die öffentlichen Finanzen, wenn nicht in diesen Zeiten, wann dann?
Und da liegt das Problem der Demokratie-Sonntagsredner: Sie wollten das natürlich nicht und verbergen ihre unanständigen Interessen hinter Scheinargumenten. Wir werden nach jetzigem Stand des Wahlrechts und der Demoskopie 808 Bundestagsabgeordnete haben. Die zusätzlichen Büros werden schon gebaut und die Zusatzfahrer eingestellt. Das Geschrei über den Schaden für die Demokratie wird groß sein. Aber dass die, die bei fallenden Wahlergebnissen lediglich ihre Mandate sichern wollten, die Täter sind, das werden wir nicht hören.
Und die Grünen und die FDP haben auch nichts hingebracht. Sie haben eine Scheinlösung vorgelegt, die medial als das „einzige durchformulierte Konzept“ breit dargestellt wurde. Es enthielt zuerst einmal eine Vergrößerung des Bundestags auf 630 Sitze und danach eine Reduktion der Zahl der Wahlkreise. Dass das Letztere in der verfügbaren Zeit gar nicht darstellbar war und die ganze Konstruktion keine Problemlösung war, wussten sie natürlich. Und die intellektuelle Großtat der Gesetzesformulierung bestand darin, dass sie im geltenden Wahlgesetz lediglich zwei Zahlen geändert hatten.
Wie Sie sehen, liebe Freunde, sind wir in Sachen Demokratie der Klassenprimus. Jetzt wissen Sie auch, warum wir von den Leistungsschwachen gemobbt werden.
Und das gilt für viele andere politische Felder, welche die Antragskommission für unseren Wahlkampf aufbereitet hat. Es geht heute und hier um die griffige und verständliche Darstellung unserer Politik. Wir sind hier nicht auf einem Programmparteitag. Was wir im Leitantrag formuliert haben, entstammt unserer langjährigen Programmdiskussion und wird und muss nicht dem Tagesklima angepasst werden. Natürlich entwickeln wir uns fort, nicht zuletzt weil wir im Bundestag, im EU-Parlament und in den Landtagen fleißig sind und uns dort professionalisieren können und müssen.
Wir bleiben in der Klimafrage skeptisch, weil Wissenschaft eben nicht in einem handverlesenen UN-Zirkel ihre ausschließliche Heimat hat. Wir wollen der Atomenergie Entwicklungspotentiale einräumen und insgesamt eine technologisch offene Zukunft. Ohne die wird nichts gehen. Und das allemal bei dem völlig im Schatten stehenden Thema der Bevölkerungsexplosion. Auf die fast 8 Milliarden Menschen wächst binnen 10 Jahren jeweils 1 Milliarde neu hinzu. (Allein Nigeria wird bis 2050 seine Einwohnerzahl verdreifacht haben und so viele Einwohner haben wir ganz Europa.) Da die alle atmen, stoßen sie so viel CO2 aus wie der gesamte Autoverkehr auf Basis von Verbrennerantrieben. Und sie müssen ernährt werden auf einer Erde, die derzeit schon das 1,7fache dessen jährlich verbraucht, was jährlich wieder nachwächst.
Wir wollen und müssen unsere Finanzen ordnen. Von dem Schuldenberg von 2010 ist national nichts abgebaut worden. Eine „schwarze Null“ hat es beim Bund nie gegeben. Alle Zinsersparnisse durch die unsägliche EZB-Politik – das Gute im Schlechten also – sind nicht zu Tilgungen genutzt worden, sondern werden in der Volkserziehung vertändelt. Darauf hat das Land 2020 fast 300 Mrd. neue Schulden draufgesattelt und 2021 werden es sicher noch 100 Mrd. mehr. Zugegeben: einiges davon musste sein. Aber auch hier ist das Krisen Management so laienhaft wie beim Lockdown und der Impfstoffversorgung. Dennoch bleibt es dabei: Deutschland braucht mehr Geld für die Bürger und die Wirtschaft. Und der Saugrüssel aus Brüssel muss auf Gartenschlauchniveau gebracht werden. Die Nationalstaaten sind nicht die Knechte der EU, sondern die EU müsste der Dienstleister für die Nationalstaaten sein. Das war die Idee der europäischen Zusammenarbeit. Der Kuckuck muss in den Käfig.
Erst Schulden machen und dann Steuern erhöhen ist das Credo linker Politik. Es wird schicksalshaft bei der Strategie, wie wir aus der Rezession zurückkommen. Die Grünen wollen nach Venezuela. Erst den Staat unbezahlbar machen, dann die Mittelschichten ausplündern, währenddessen die Meinungsfreiheit abschaffen und die störrischen Menschen umerziehen, dass alle glauben, sie leben in der schönen neuen Welt, wie Huxley, ein Freund von Orwell, in den 60er Jahren schrieb. (Er schrieb übrigens auch, schon damals, wenn wir das Weltbevölkerungsproblem nicht lösen, dann werden alle anderen Probleme unlösbar.) Die CDU geht mit auf die Reise, weil man ja immer sagen kann, man fahre nur auf Sicht. Die FDP sitzt im Beiboot und schreit unaufhörlich, sie fahre nur unter Protest mit. Die SPD taucht ab und sucht unter Wasser nach den verlorenen Wählern.
Liebe Mitbürger, gebt uns einfach eine Mehrheit, es darf auch eine einfache sein. Wählt alternativ und helft dabei, das Land zu retten. Wir brauchen Euch und Ihr braucht uns!
Veröffentlicht in Allgemein, Bundestagswahl, Wahlen.